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«Ich kämpfe weiter für Israel»

Nach 12 Jahren als Aargauer FDP-Politikerin im Nationalrat ist Corina Eichenberger-Walther am Ende der Herbstsession zurückgetreten. Aber sie bleibt weiterhin Zentralpräsidentin der Gesellschaft Schweiz-Israel (GSI). Sie hofft, dass die vielen guten Kontakte und Freundschaften, die in diesen 12 Jahren entstanden sind, bestehen bleiben.

Von Gisela Blau – erschienen in «Tachles» am 11. Oktober 2019

Von Aargau nach Bern

Ihre politische Karriere begann nicht im Bundeshaus zu Bern. Ab 1993 sass sie im Grossen Rat des Kantons Aargau, den sie 2005/2006 ein Jahr lang präsidierte. 2007 wurde sie in den Nationalrat gewählt. Die Politikerin ist gut verankert in der Wirtschaft und versteht auch viel von Sicherheitspolitik. 2013 war sie Bankrätin der Aargauischen Kantonalbank. In den Jahren 2016 und 2017 präsidierte sie in Bern die Sicherheitskommission des Nationalrats. Grosse Befriedigung verschaffte der Juristin und Rechtsanwältin der Einsitz in der Subkommission für Gerichte in der Geschäftsprüfungskommission. «Wir übten die Oberaufsicht über die eidgenössischen Gerichte aus und hatten sehr viele Kontakte mit dem Bundesgericht und dem Bundesstrafgericht», sagt sie. «Das war sehr spannend. Wir prüften nicht die Rechtsprechung, aber die Organisation und die Verwaltung.»

Kompromisse finden

In ihren 12 Jahren im Nationalrat hat Corina Eichenberger Veränderungen im Parlament und in der Politik festgestellt: «Ich bedaure sehr, dass es beinahe keine Kompromisskultur mehr gibt. Früher gab es die Bereitschaft, parteiübergreifend einen Konsens zu suchen, um eine Lösung zu finden. In den letzten Jahren ist es üblicher geworden, dass die Abgeordneten auf ihrer eigenen Position beharren und ihre Interessen durchsetzen wollen», sagt Corina Eichenberger. «Das ist sehr schade, weil das politische System der Schweiz darauf aufgebaut ist, Lösungen und Kompromisse zu finden, die dann auch mehrheitsfähig sind. Diese Konkordanz, so scheint mir, ist schwieriger geworden.» In ihrer eigenen Partei, der FDP, hat die abgetretene Nationalrätin im Lauf der Jahre Niedergang und Aufschwung erlebt. «Vor vier Jahren haben wir zugelegt und sind stärker geworden. Ich hoffe, dass dies am 20. Oktober wieder geschieht.»

Offene Volkswirtschaft

Corina Eichenberger macht es zu schaffen, dass der Antisemitismus wächst und salonfähig geworden ist. Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern sind wenigstens die extremeren Rechtsparteien nicht derart präsent. Aber eine gewisse Gefahr sieht sie dennoch auch in der Schweiz wegen der schwierigen und steigenden Abschottungspolitik. «Unser Erfolgsmodell», betont sie, «ist eine offene Volkswirtschaft und ein offenes Land. Das ist die Grundlage unseres Bundesstaates, das zeigen auch die bilateralen Verträge mit der EU.» Deshalb tritt sie energisch gegen die Begrenzungsinitiative der SVP an, die im kommenden Jahr zur Abstimmung gelangen sollund das Freizügigkeitsabkommen mit der EU gefährdet.

«Ein Thema, das auch in den nächsten Legislaturen weit oben stehen wird, ist die Migration», so Eichenberger. Die Flucht nach Europa sei eine Zeitlang dramatisch gewesen, vor allem 2015, zumal als Deutschland zuvorderst stand mit der Willkommenskultur. «Noch ist die Migrationsfrage nicht gelöst», sagt die FDP-Politikerin. «Der Druck aus Afrika ist immer noch da. Es muss eine Lösung gefunden werden.» Corina Eichenberger gesteht, dass bei diesem Thema zwei Herzen in ihrer Brust schlagen, denn sie verstehe vollkommen das besondere jüdische Verständnis für Flüchtlinge. «Flucht ist immer ein menschliches Drama, das tut weh, aber andererseits kann es nicht sein, dass bei uns die wirtschaftliche und gesellschaftliche Grundlage in Frage gestellt wird, dass ausländische Arbeitskräfte statt Schweizern angestellt werden und daher auf die Länge gesehen das Schweizer System nicht mehr stimmt.» Zurückschicken dürfe man jedoch Zugewanderte nur in sichere Länder, und wie sicher diese für Rückkehrer seien, müsse abklärt werden.

Besseren Zugang

Als GSI-Präsidentin musste Corina Eichenberger öfters im Aussendepartement (EDA) in Bezug auf Israel zum Rechten sehen, etwa wenn es um zu wenig transparente Zahlungen für israelfeindliche palästinensische Hilfsorganisationen ging oder darum, wer für die Schweizer Zustimmung für oft gegen Israel gerichtete Resolutionen in Uno-Gremien zuständig sei. Die Lage habe sich aber entspannt, seit Bundesrat Ignazio Cassis das EDA führt. «Zu Cassis haben wir einen besseren Zugang», lobt die GSI-Präsidentin. «Er ist auch offener in seinen Ansichten und Aussagen, beispielsweise über das Uno-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge, als alle seine Vorgänger und Vorgängerinnen.» Grundsätzlich sei der Kontakt zum EDA jetzt gut und sollte es auch bleiben, hofft die GSI-Präsidentin.

Denn Corina Eichenberger will weiterhin die GSI führen. «Ich kämpfe weiterhin für Israel», betont sie, «und ich werde die geknüpften Kontakte weiter zugunsten von Israel pflegen.» Sie bleibt, zumindest vorläufig, auch Präsidentin der European Alliance for Israel (EAI), einem relativ jungen Zusammenschluss von mehr als zwei Dutzend Freundschaftsgesellschaften in europäischen Staaten. Die EAI, sagt die Präsidentin, kämpft mit finanziellen Problemen, wie auch einige der einzelnen Freundschaftsgesellschaften, beispielsweise in Frankreich. Deshalb sei die Arbeit der EAI extrem schwierig geworden. Sie sei zwar in Kontakt mit wohlhabenden und wohlwollenden Menschen, aber auch diese seien nicht mehr ohne weiteres bereit, Geld in eine Vereinigung für Israel zu investieren.

Aber Corina Eichenberger freut sich dennoch bereits auf die Jahresversammlung der EAI, die Ende Oktober diesmal in Prag sta™finden wird.

Wir danken der Redaktion und dem Verlag von Tachles für die freundliche Genehmigung, den Artikel direkt verwenden zu dürfen.

Corina Eichenberger-Walther, Präsidentin der Gesellschaft Schweiz-Israel (GSI)

Corina Eichenberger-Walther, Präsidentin der Gesellschaft Schweiz-Israel (GSI) - Quelle: tachles.ch