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Die Waffen schweigen – wie lange?

Heute Freitag (21.5.) früh um 2 Uhr (1 Uhr Schweizer Zeit) trat eine Waffenruhe zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas in Kraft. Er war wie meist in der Vergangenheit, von Ägypten vermittelt worden.

«Das Sicherheitskabinett hat heute Abend (Donnerstag, 20. Mai 2021) einstimmig die Empfehlung aller Sicherheitsoffiziellen, des IDF-Generalstabschefs, des Leiters der ISA [Israel Security Agency; «Schin Bet»], des Leiters des Mossad und des Leiters des Nationalen Sicherheitsrates angenommen, die ägyptische Initiative für eine gegenseitige Waffenruhe ohne Vorbedingungen zu akzeptieren», heisst es wörtlich in der offiziellen Verlautbarung der israelischen Regierung. Und weiter: «Die politische Führung betont, dass es die Realität vor Ort ist, die über die Zukunft der Operation entscheiden wird.»

Noch bis kurz vor Beginn der Waffenruhe wurden aus dem Gazastreifen Raketen auf den Süden Israels abgefeuert. Ein vorläufig letzter israelischer Verletzter war die Folge eines Treffers.

Während 11 Tagen und Nächten Raketenhagel auf Israel

Der Krieg der Hamas und weiterer Terrororganisationen, namentlich des Islamischen Dschihads, gegen Israels Zivilbevölkerung dauerte 11 Tage. Er hatte am Montagabend, 10. Mai, am «Jerusalem-Tag», mit einer Salve von sieben Raketen auf die israelische Hauptstadt Jerusalem begonnen. Die Nacht von Dienstag auf Mittwoch wurde zu einer wahren Horrornacht für den Grossraum Tel Aviv, auf den eine grosse Zahl von Raketen abgeschossen wurde. Das bewährte israelische Raketenabwehrsystem «Iron Dome» war teilweise überfordert. Es konnte zwar 90 Prozent der auf bewohnte Gebiete zielenden Raketen abfangen. Aber es gab auch zahlreiche Treffer in Wohnhäusern usw. und entsprechend Verletzte und Tote. Der Raketenhagel auf Israel zog sich, mit kürzeren Unterbrechnungen, über die ganzen elf Tage und Nächte hin.

Zivile Opfer auf beiden Seiten

Die Attacken der Hamas forderten auf israelischer Seite 12 Tote, davon elf Opfer unter der Zivilbevölkerung, unter ihnen drei Ausländer; ausserdem fiel ein israelischer Soldat. Hunderte israelische Zivilisten wurden verletzt und es wurde ein grosser Sachschaden verursacht, namentlich in der Nähe des Gazastreifens mit der weniger als einen Kilometer von der Grenze zum Gazastreifen gelegenen Stadt Sderot (gegen 30‘000 Einwohner; Karte), aber auch in den Küstenstädten Aschdod und Ascheklon nördlich des Gazastreifens.

Auf Seiten der palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen waren die menschlichen Opfer ungleich grösser. Man spricht von 230 Toten. Dies ist insofern nicht verwunderlich, weil die Hamas ihren Krieg mitten aus der Zivilbevölkerung führt. Sie versteckt ihre Waffenarsenale in Wohnhäusern, Schulen usw. und feuert die Raketen neben Wohnhäusern ab. Trotz grosser Anstrenungen der israelischen Armee, zivile Opfer zu vermeiden, lassen sie sich nicht vollständig verhindern. Und auch der grosse Sachschaden beim Zerstören der terroristischen Infrastruktur war unvermeidlich.

Israel verteidigt sich

Die israelische Armee reagierte auf dem Raketenbeschuss im Rahmen der «Operation Guardian of the Walls» (Hüter [Beschützer, Wächter] der Mauern) mit schweren Luft- und Artillerieangriffen gegen terroristische Ziele im Gazastreifen. Nach eigenen Angaben richteten sich die Angriffe in erster Linie gegen militärische Einrichtungen der Militanten, darunter das weit verzweigte Tunnelnetzwerk, Produktionsanlagen für Raketen und Schaltzentralen der Hamas und des Islamischen Dschihad. Vieles davon haben die Terroristen wie erwähnt unter zivilen Einrichtungen versteckt.

Zweifache Kriegsverbrechen der Hamas

Damit begehen die Terrororganisationen im Gazastreifen gleich zweifach Kriegsverbrechen. Einerseits schiessen sie gezielt Raketen auf Israels Zivilbevölkerung und anderseits missbrauchen sie die eigene Zivilbevölkerung als menschliche Schutzschilde und setzen sie damit Gefahren aus.


ENTHÜLLT: Hamas-Raketenwerfer in ziviler Struktur eingebettet
(EXPOSED: Hamas Rocket Launcher Embedded In Civilian Structure)
Nach internationalem Recht ist eine zivile Struktur ein legitimes militärisches Ziel, wenn sie für militärische Zwecke genutzt wird. Die Terrororganisation Hamas entscheidet sich, zivile Strukturen für ihre militärischen Zwecke zu nutzen und startet oft Raketen aus dicht besiedelten zivilen Gebieten in Gaza.

Am 18. Mai 2021, dem neunten Tag der Operation «Guardian of the Walls», operierten wir, um einen versteckten Raketenwerfer in einer zivilen Struktur in Gaza zu treffen. Aus Sorge um die Sicherheit der Nichtkombattanten warnten wir die Zivilisten in dem Gebäude und in den umliegenden Gebäuden vor dem Angriff und gaben ihnen genügend Zeit, sich zu evakuieren, bevor wir den Raketenwerfer angriffen.
Video, IDF, 19. 5. 2021, 1:27 Min., englisch untertitelt

Opfer unter der palästinensischen Bevölkerung des Gazastreifens sind im Sinne der Terrororganisationen, sie gehören zu deren Strategie. Je mehr palästinensische Zivilpersonen ums Leben kommen, umso mehr wendet sich erfahrungsgemäss die Weltmeinung gegen Israel.

Nach Angaben der israelischen Streitkräfte feuerten die Hamas und der Islamische Dschihad in den elf Tagen mehr als 4340 Raketen in Richtung Israel ab, fast so viele wie in den fünfzig Tagen, die der letzte Krieg im Jahr 2014 dauerte. Eine gewisse Zahl ging jedoch noch im Gazastreifen nieder und forderte unter der palästinensischen Bevölkerung Tote und Verletzte.

Während dieser neuesten Auseinandersetzungen haben sich zumindest einige westliche Staaten auf die Seite Israels gestellt. Sie haben einerseits das Vorgehen der Hamas gebrandmarkt und anderseits Israel das Recht zugestanden, sich zu verteidigen. Und es wurde nicht überall verkannt, dass auch dieses Mal die Hamas den Krieg begonnen hat.

Die nächste Runde kommt wohl über kurz oder lang

Wie lange diese neueste Waffenruhe halten wird, ist wohl nur eine Frage der Zeit. Es ist absehbar, dass die Hamas und der Islamische Dschihad vorerst wieder einzelne und dann auch wieder Salven von Raketen auf Israel abschiessen werden. Aus dem Gazastreifen kam denn auch schon die Drohung mit weiterer Gewalt. Und das Raketenarsenal der Hamas ist wohl nach wie vor umfassend.

Dies wird so weitergehen, solange die Hamas (und die Hisbollah, die Terrororganisation, die aus dem Libanon tätig ist) Geld, Waffen und das Knowhow zur Herstellung von Waffen aus dem Iran und massive finanzielle Unterstützung von Katar erhält. Der Iran deklariert bekanntlich offen sein Ziel der Vernichtung des jüdischen Staates und strebt dazu Atomwaffen an.

Seit die Hamas 2007 durch einen bürgerkriegsartigen Kampf um Gaza an die Macht kam, standen Israel und die Islamisten in vier kriegerischen Auseinandersetzungen, letztmals 2014, als auch israelische Bodentruppen in den Gazastreifen einrückten. Auch jener israelischen Operation war u.a. ein massiver Raketenbeschuss des Südens vorausgegangen.

Abbas kaum eine grosse Hilfe

Der US-Präsident Joe Biden hatte während des Krieges nebst mit dem israelischen Premierminister, mehrmals mit dem Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde, Machmud Abbas, telefoniert. Auch der deutsche Aussenminister Heiko Maas, der sich gestern in den Nahen Osten begeben hatte, suchte Abbas auf. Ausgerichtet dürften sie bei ihm wohl kaum etwas. Abbas hat im Gazastreifen nichts zu sagen. Er und seine Fatah-Fraktion sind nach wie vor mit der Hamas zerstritten. Dies zusätzlich, seit Abbas die angekündigten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen – es hätten die ersten seit 15 Jahren werden sollen – mit einer fadenscheinigen Begründung auf unbestimmte Zeit verschoben hat.

«Siegesfeiern» der Hamas-Anhänger

Im Gazastreifen gingen nach Bekanntwerden der Vereinbarung einer Waffenruhe Zehntausende auf die Strasse, um zu feiern. Viele schwangen die palästinensische Flagge, aber auch die der Hamas. Imame verkündeten über die Lautsprecher von Moscheen den «Sieg des Widerstands über die Besetzer», begleitet von einem Konzert von Feuerwerksraketen und Schüssen in die Luft.

Ist grosse Zahl an Opfern «Sieg für das palästinensische Volk» ?

Die Hamas versucht sich als grosse Siegerin der Schlacht zu inszenieren. Die Waffenruhe sei ein «Sieg für das palästinensische Volk» und eine Niederlage für Netanjahu, behauptete ein Sprecher. Zudem veröffentlichte die Gruppierung zur Illustration ihrer Kampfbereitschaft ein Video von Kämpfern, die Raketen durch einen Tunnel schleppen. Derartige Propaganda ist ein Hohn für die Opfer, die der Krieg gefordert hat.

Die USA wollen beiden Seiten helfen

Der US-Präsident hatte gestern Abend einmal mehr Israels Recht auf Selbstverteidigung bekräftigt und angekündigt, Washington werde den israelischen Raketenabwehrschirm «Iron Dome» wieder mit Raketen aufstocken. Den Palästinensern versprach Biden Hilfe beim Wiederaufbau. Dieser solle in Zusammenarbeit mit der Autonomiebehörde von Abbas erfolgen, um sicherzustellen, dass die Hilfe nicht dafür genutzt werde, das Raketenarsenal militanter Gruppen aufzustocken (!). Ob wohl noch nicht zu Biden durchgedrungen ist, dass die palästinensische Bevölkerung auch Abbas und seiner korrupten Regierung überdrüssig ist?

Bis zur nächsten Runde

Sollte die Waffenruhe halten, stehen beide Seiten wieder dort, wo sie nach jedem Krieg stehen: An der Oberfläche kehrt Ruhe ein, doch der eigentliche Konflikt bleibt ungelöst – und es ist nur eine Frage der Zeit, bis der nächste Krieg ausbricht.

Prime Minister Benjamin Netanyahu's remarks from the Defense Ministry in Tel Aviv
«Israel hat diesen Konflikt nicht begonnen. Wir wurden grundlos von der Hamas-Terrororganisation attackiert, die 4‘000 Raketen auf unsere Hauptstadt und unsere Städte schoss. Kein Land sieht zu, wenn es so kriminell angegriffen wird. Israel ist da nicht anders. (…)»
Video, IsraeliPM, 21. 5. 2021, 1:54 Min., englisch, -> mit Transkript
 

Israel akzeptiert bedingungslosen bilateralen Waffenstillstand
Botschaft des Staates Israel in Bern, 21.5.2021
-> siehe pdf-Datei rechts oben


 

Konflikt zwischen arabischen und jüdischen Israeli

Im Rahmen des neuesten Konflikts kam es auch zu Auseinandersetzungen zwischen arabischen und jüdischen Israeli. Ein Teil der Ersteren solidarisierte sich mit den Palästinensern in Ostjerusalem, wo es bei Ausschreitungen namentlich auf dem Tempelberg und vor dem Damaskustor zu heftigen Konfrontationen mit den Sicherheitskräften gekommen war.

Konfliktherd Scheich Dscharra

Dazu kamen Rechtsstreite zwischen Juden und Arabern um Immobilien im Quartier Scheich Dscharrah in Ostjerusalem, wo es ohnehin regelmässig zu Konfrontationen zwischen vorwiegend Jugendlichen und Sicherheitskräften kommt.

Juden machen geltend und versuchen vor Gericht zu belegen, dass ihre Vorfahren zur Zeit des Osmanischen Reichs und während der britischen Mandatszeit Immobilien von den arabischen Eigentümern abgekauft und auch bewohnt hatten. Am Tag nach der Gründung des Staates Israel marschierte die jordanische Armee ins Westjordanland ein und besetzte bis zum Sechstagekrieg 1967 Ostjerusalem. Die Juden wurden aus diesem Stadtteil vertrieben, machen jedoch nun Eigentumsrechte geltend. Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass damals auch Araber aus Häusern in Westjerusalem vertrieben wurden.

Gerichtsurteile wurden, zum Teil schon vor Jahren, gefällt und die Räumung der Immobilien angeordnet und vollzogen. Ein weiterer Streitfall war vor zwei Wochen vor dem Obersten Gericht traktandiert. Die Verhandlung wurde jedoch in Anbetracht der Auseinandersetzungen verschoben.

Nach wie vor auch friedliches Zusammenleben

Das friedliche Zusammenleben und -arbeiten gibt es dennoch sehr wohl zwischen arabischenund jüdischen Bürgern Israels. Besondere positive Beispiele findet man in Krankenhäusern und im Rettungsdienst.

«Sehnsucht nach Frieden: Wie Israelis Versöhnung versuchen»
ZDF, Ausland-Journal; Mittwoch, 19. 5. 2021, 1. Beitrag (8 Minuten)

(RK)

 

 

 

 

 

Entschlossen, Israel zu vernichten: Kämpfer der Terrororganisation Hamas im Gazastreifen (The Jerualem Post)

Der Gazastreifen grenzt im Norden und Osten an Israel, im Süden an Ägypten