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Amnesty International bezichtigt Israel der Apartheid

 

Amnesty International (UK) hat am Dienstag, 1.2., ihren Bericht mit dem Titel «Israel’s Apartheid Against Palestinians – Cruel System Of Domination And Crime Against Humanity» (Israels Apartheid gegen die Palästinenser – grausames Herrschaftssystem und Verbrechen gegen die Menschlichkeit) vorgestellt. (Bild 1)

Apartheid aus der Sicht von Amnesty International

Amnesty International (AI) wirft Israel im Umgang mit den Palästinensern das Verbrechen der Apartheid vor. Apartheid wird die Doktrin der Trennung einzelner ethnischer Bevölkerungsgruppen genannt – vor allem bis 1994 in Südafrika. «Wir haben festgestellt, dass Israels grausame Politik der Segregation, Enteignung und Ausgrenzung in all seinen kontrollierten Gebieten eindeutig Apartheid gleichkommt», sagte die Generalsekretärin von Amnesty International, Agnès Callamard (Bild 2).

Die Vorwürfe, die Amnesty International (AI) erhebt, sind massiv. Israel betreibe eine Politik der Rassentrennung, Enteignung und Ausgrenzung gegenüber den Palästinensern. Darum fordert Amnesty u.a. alle Staaten auf, Israel mit einem Waffenembargo zu belegen – wohl wissend, dass ein wehrloses Israel dem Untergang geweiht ist. Und Israel auszulöschen ist das klar deklarierte Ziel der Islamischen Republik Iran, der Hamas und weiterer Antisemiten und Israel-Hasser. Der Bericht wird allen Feinden Israels als willkommene Bestätigung dienen, den Hass gegen Israel weiter zu schüren.

Um welche Palästinenser geht es Amnesty?

Amnestiy International definiert das Gebiet, in dem Israel Apartheid ausübe, mit dem Westjordanland, Ostjerusalem, sodann dem Gazastreifen und – überraschend – das Kernland Israel selbst. Somit die gesamte Region zwischen dem Mittelmeer und dem Jordan, das von Israels Gegnern und Feinden als Palästina (ohne einen Staat Israel) bezeichnet wird.

So erstaunt es auch nicht, dass Amnesty nicht zwischen Unrecht – das es zweifellos auch gibt – und Entscheidungen Israels, die der Sicherheitspolitik geschuldet sind, unterscheidet.

Ausgeblendet wird, dass die «Area A» des Westjordanlandes autonom ist, von der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) regiert und verwaltet wird, auch dass die PA und Israel in vielen Bereichen zusammenarbeiten, etwa im Kampf gegen den Terrorismus, und auch im Kampf gegen den Einfluss der terroristischen Hamas im Westjordanland.

Ausgeblendet wird ebenso, dass sich Israel 2005 vollständig aus dem Gazastreifen zurückgezogen hat. Wohl hat Israel – und hat auch Ägypten – aus Sicherheitsgründen (Verhinderung von Infiltrierung durch Hamas-Terroristen) die Grenzen zum Gazastreifen grundsätzlich geschlossen, nicht ohne täglich grosse Mengen an Lebensmitteln und jeder Art von Bedarfsartikeln für die dortige palästinensische Bevölkerung zu liefern und einer grossen Zahl von Bewohnern des Gazastreifens Bewilligung zur Arbeit im israelischen Kernland auszustellen.

Rassentrennung sogar im israelischen Kernland?

Dass Israel ausserdem gegen seine arabische Bevölkerung, die gut 20 Prozent ihrer Staatsbürger ausmacht, Rassentrennung – so die Definition von Apartheid – ausüben soll, erstaunt, gelinde gesagt.

Eine arabische Bevölkerung notabene, die im Parlament und aktuell gar in der Regierung, aber auch in den Gerichten vertreten ist

Arabische Richter gibt es in Israel schon länger, auch am Obersten Gerichtshof, der sich immer mal wieder mit kritischen Urteilen zum Siedlungsbau und zum Verlauf der Sperranlage zwischen dem Westjordanland und dem israelischen Kernland hervortut. Als der ehemalige israelische Staatspräsident Mosche Katzav im Jahr 2011 wegen Vergewaltigung zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde, hatte das zuständige Gericht in George Kara einen arabischen Vorsitzenden.

In der vergangenen Woche wurde Osaila Abu Assad (Bild 3) zur Richterin am Bezirksgericht Nazareth ernannt, sie ist damit die erste muslimische Frau, die im jüdischen Staat dieses Amt bekleidet. Drei weitere von sechs arabischen Richtern, die vom israelischen Richterwahlausschuss ernannt wurden, sind ebenfalls Frauen.

Apartheid aus Sicht von AI auch gegen eine arabische Bevölkerung, die an den Universitäten lehrt und studiert, als Ärzte und Pfleger in den Spitälern arbeitet und in der Verwaltung tätig ist (Bild 4). Arabische Männer und Frauen, die zum Teil freiwillig in Israels Armee dienen (die arabische Bevölkerung ist grundsätzlich von der Wehrpflicht befreit).

Apartheid? Rassentrennung? Verbrechen gegen die Menschlichkeit? Amnesty blendet das alles vollständig aus. Das ist auch eine Beleidigung: Ein Affront für die schwarzen Südafrikaner, die bis zu Beginn der 1990er Jahre wegen ihrer Hautfarbe tatsächlich diskriminiert waren, wie Pierre Heumann treffend in der Weltwoche schreibt. Wer Israel mit dem Südafrika von einst vergleiche, verniedliche das Leiden der Menschen am Kap der Guten Hoffnung, die damals wegen ihrer Hautfarbe unterdrückt waren, schreibt Heumann weiter.


 

«Racist Amnesty in their fake report are calling me, a proud Israeli-Arab and Israeli-Muslim, ‹a Palestinian living in Israel ›. How dare you define my identity for me?»
(«Die rassistische Amnesty nennt mich, einen stolzen israelischen Araber und israelischen Muslim, in ihrem gefälschten Bericht einen ‹in Israel lebenden Palästinenser›. Wie können Sie es wagen, meine Identität für mich zu definieren?»)
Tweet  des arabischen Israeli Mohammad Kabiya, 1.2.2022


 

Vielfältiges Israel

Ein ausgesprochenes Einwandererland wie Israel mit Immigranten aus der ganzen Welt ist in Bezug auf die Bevölkerung vielfältig wie wenige andere (Bild 5).

Und die aktuelle Regierung, in der auch eine arabische Partei vertreten ist, ist so vielfältig wie Israel.
Video, 1:09 Min. deutsch

Wie kann es sein, dass in einem Apartheid-Land die arabischen «Opfer» der Rassentrennung auf Arabisch (gemäss ihrem Temperament lautstark) im nationalen Parlament debattieren können wie

  • Mansur Abbas (Vereinigte Arabische Liste), Stellvertretender Präsident der Knesset
  • Ahmad Tibi (Vereinigte Arabische Liste)
  • Aida Tuma-Sliman (Vereinigte Arabische Liste)

Video, 0:35 Min.

Und was sagt Bassem Eid, ein palästinensischer Menschenrechtsaktivist zum Thema? Hören Sie:
Video, 1:51 Min., englisch

Reaktionen und Stellungnahmen

Der israelische Aussenminister Jair Lapid: «In der Vergangenheit war Amnesty eine angesehene Organisation. Jetzt nicht mehr. Heute ist sie das genaue Gegenteil (…) Anstatt sich um die Wahrheitsfindung zu bemühen, zitiert Amnesty die Lügen, die von Terrororganisationen verbreitet werden. (…)»

Video, 1:20 Min., englisch, deutsch untertitelt

Bericht von Amnesty International – Position Israels
Botschaft des Staates Israel in Bern, 1.2.2022
-> siehe angehängte PDF-Datei «Bericht von Amnesty International – Position Israels»


 

Der Inhalt des absurden Berichts von AI wird vom WELT-Author Jacques Schuster auf den Punkt gebracht:

Amnesty International gibt sich dem Antizionismus hin
WELT, 31.1.2022

AI-Bericht Thema in der Pressekonferenz der deutschen Bundesregierung

An der Regierungspressekonferenz der deutschen Bundesregierung vom 2. Februar war der AI-Bericht ebenfalls ein Thema. Christofer Burger, der Pressesprecher des Auswärtigen Amtes (Aussenministerium) erklärte u.a.:

«Vorwürfe zu Menschenrechtsverletzungen sollte jedes Land ernst nehmen. Deutschland tut das selbstverständlich auch. Diesen Bericht werden wir sorgfältig prüfen. (…) Bei dem derzeitigen besorgniserregenden Anstieg von Antisemitismus in Europa trägt jedoch auch jeder, der sich für Menschenrechte einsetzt, die Verantwortung, diesem nicht unfreiwillig Vorschub zu leisten. Begriffe wie ‹Apartheid›, ebenso wie eine einseitige Fokussierung der Kritik auf Israel lehnen wir ab. Für eine Lösung des Nahostkonflikts ist das nicht hilfreich.»

Und weiter, auf eine Frage: «Der Vorwurf, das Verbrechen der Apartheid begangen zu haben, ist eine sehr gravierende und weitreichende Anschuldigung. Im Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs ist nachzulesen, was das alles beinhaltet. Wir machen uns diesen Vorwurf ausdrücklich nicht zu eigen. Auch halten wir die Verwendung dieses Begriffs für falsch und kontraproduktiv.»

Römisches Statut des Internationalen Strafgerichtshofs
siehe dort Artikel 7, Ziff..1, lit. j und Ziff. 2, lit. h

Protokoll der Regierungspressekonferenz im Wortlaut

Friedensnobelpreisträgerin Amnesty International

AI wurde 1977 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.

Als Reaktion auf den umstrittenen neuen Israel-Bericht von Amnesty International hat die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) die «Menschenrechtsorganisation» zur Rückgabe des Friedensnobelpreises aufgefordert. Amnesty habe sich mit dem Bericht, in dem Israel ein System der Apartheid gegenüber den Palästinensern vorgeworfen wird, «endgültig und zweifelsfrei als antisemitisch» entlarvt, erklärte DIG-Präsident Uwe Becker am Mittwoch (2.2.). Die Organisation habe den Friedensnobelpreis zu Unrecht erhalten.

Wer behaupte, die einzige Demokratie im Nahen Osten sei ein «Apartheidstaat, der Palästinenser als ‹minderwertige Rasse› behandele, verbreite bewusst Lügen und scheue sich nicht, dabei nationalsozialistischen Jargon zu verwenden», kritisierte Becker.

Berichterstattung der schweizerischen Medien

Der Zentralsekretär der Gesellschaft Schweiz-Israel (GSI), der die Berichterstattung über Israel täglich verfolgt, stellte einmal mehr fest, wie unterschiedlich der Amnesty International Report in den Medien der Deutschschweiz und der Romandie aufgenommen wurde.

In der Deutschschweiz stellt er bis jetzt eine «nüchterne» Berichterstattung fest, während in den Medien der Romandie eine gewisse «Solidarität» mit dem Bericht spurbar sei.

Bericht in «24heures» ruft nach GSI-Stellungnahme

Ein Artikel in der Tageszeitung «24heures» (Lausanne) vom 2. Februar
-> siehe angehängte PDF-Datei «24heures, 2.2.22 - Israël doit mettre fin à ce système d’apartheid»
hat die GSI veranlasst, mit einer Stellungnahme zu reagieren
-> siehe angehängte PDF-Datei «ASI, prise de position - Amnesty, La décadence»
Übersetzung ins Deutsche
-> siehe angehängte PDF-Datei «GSI-Stellungnahme, 2.2.2022 - Amnesty: Die Dekadenz»


Reaktion der palästinensischen Politik und Terrororganisationen

Es versteht sich, dass palästinensische Kreise wie die Hamas und weitere Gruppierungen aber auch die Palästinensische Autonomiebehörde den Bericht von Amnesty International begrüssen und der Meinung sind, er ebne den Weg für eine Anklage gegen Israel wegen «Kriegsverbrechen» vor dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH).

«Der (nicht existierende*) Staat Palästina begrüsst den Bericht von Amnesty International über Israels Apartheidregime und rassistische Politik und Praktiken gegen das palästinensische Volk», erklärte das «Aussenministerium» der Palästinensischen Autonomiebehörde in einer unmittelbar nach der Publikation des umstrittenen Berichts veröffentlichten Erklärung.
(* Anm. d. R.)

 

Nein, Israel ist kein Apartheidstaat
Tagesschau.de., 2.2.2022

(RK)

Bild 1: «Israels Apartheid gegen die Palästinenser – grausames Herrschaftssystem und Verbrechen gegen die Menschlichkeit», der von Amnesty International am 1.2.2022 veröffentlichte Bericht gegen Israel (Tagesschau.de)

Bild 2: Amnestys Generalsekretärin Agnes Callamard (2. v.r.) bei der Vorstellung des Berichts am 1.2.2022 in Jerusalem. Angekündigt hatte Amnesty, dass der Bericht am «Dienstag, 11: Uhr Beirut-Zeit» vorgestellt werde – obwohl die libanesische Hauptstadt in derselben Zeitzone liegt wie die israelische Hauptstadt.

Bild 3: Osila Abu Assad ist als erste arabische Frau zur Richterin an einem israelischen Bezirksgericht, jenem von Nazareth, ernannt worden. Weitere drei von sechs kürzlich vom israelischen Richterwahlausschuss ernannten arabischen Richtern sind Frauen (Twitter)

Bild 4: Das ist Israel. In Krankenhäusern, Schulen, Gerichten, Unternehmen und in der Politik arbeiten israelische Araber und Juden zusammen, Seite an Seite.

Bild 5: Das ist Israel Vielfalt in der Bevölkerung. Juden (74 %), muslimische und christliche Araber (21 %), Beduinen, Drusen, Tscherkessen, Armenier, Bahai, Nichtjüdische Einwanderer aus der (ehemaligen) Sowjetunion, Ost- und südostasiatische Migranten (Twitter).

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