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Hamas griff Israels Süden massiv an

In der Nacht auf Samstag, 14. Juli, eröffnete die Terrororganisation Hamas ein Trommelfeuer an Raketen und Mörsergranaten aus dem Gazastreifen auf den Südwesten Israels. Insgesamt feuerte sie mehr als 200 Geschosse auf israelische Zivilisten ab. Bei einem Raketeneinschlag in ein Wohnhaus in der Stadt Sderot wurden vier Personen verletzt.

Von Rolf Koch, Vizepräsident und Webmaster GSI national

Der Beschuss begann um 01.36 Uhr (israelische Zeit) und zwang die israelische Bevölkerung in den Gemeinden in der Nähe des Gazastreifens mitten in der Nacht in die Schutzräume (Karte). Der Beschuss dauerte bis 06.15 Uhr und setzte um 13.14 Uhr erneut ein. Insgesamt wurden gut 200 Projektile abgefeuert. 37 wurden durch das Raketenabwehrsystem «Iron Dome» (Bild) abgefangen. In weniger als 24 Stunden wurde in den Gemeinden im Süden Israels 173 Mal Alarm ausgelöst.

Israelische Reaktion

Als Vergeltung griff die israelische Luftwaffe (IAF) mehr als 40 Terrorziele im Gazastreifen an, darunter zwei grosse Logistikzentren und das Hauptquartier eines Hamas-Bataillons in Beit Lahia (Bild). Es handelte sich um die massivste Operation seit dem Gazakrieg im Sommer 2014, der Operation Protective Edge (Operation Schutzlinie). Diese erfolgte damals, nachdem die Terrororganisation Hamas den Süden Israels ebenfalls während längerer Zeit massiv mit Raketen und Mörsergranaten beschossen hatte. Nach palästinensischen Quellen wurden bei den heutigen Angriffen zwei Jugendliche getötet und 14 Personen verletzt. Sie hatten sich trotz Warnung in der Nähe der angegriffenen Objekte befunden.

Bevor die Luftschläge begannen, warnte der arabische Sprecher der IDF, Major Avichay Adraee, die Zivilbevölkerung im Gazastreifen auf Arabisch davor, sich von Gebieten fernzuhalten, von denen sie wissen, dass Terroraktivitäten stattfinden.

Israelischer Offizier durch Granatenwurf verletzt

An der Grenze des Gazastreifens zu Israel gingen auch an diesem Freitag (13.7.) die Ausschreitungen weiter. Ein israelischer Offizier wurde mittelschwer verletzt, als einer der «friedlichen Demonstranten» (als das sie fälschlicherweise bezeichnet werden) eine Granate gegen ihn schleuderte. Soldaten schossen auf den Angreifer. Er verlor sein Leben.

Der Offizier wurde ins Soroka Medical Center in Be'er Scheva eingeliefert. Es war nicht das erste Mal, dass israelische Sicherheitskräfte von den Extremisten beschossen und mit Sprengkörpern beworfen wurden. Die IAF griff daraufhin Trainingsbasen der Hamas im Gazastreifen an und zerstörte zwei Terrortunnels.

Vier Verletzte durch Treffer in Wohnhaus

Vier Personen, ein Ehepaar und seine beiden Töchter, wurden verletzt, als am Samstagabend um 18.30 Uhr eine Rakete in ihr Wohnhaus in der südisraelischen Stadt Sderot einschlug (Bild). Wie ein Sprecher von Magen David Adom (israelischer Roter Davidstern) mitteilte, fügte sie ihnen durch SchrapnellsVerletzungen unterschiedlicher Schwere zu. Die Verletzten wurden insBarzilai Medical Center in Aschkelon eingeliefert. Gemäss der Stadtverwaltung von Sderot gab es einen weiteren Einschlag in den Hof einer Synagoge. Letzter forderte keine Verletzten.

Major Keren Hajioff berichtet von der Synagoge, vor der eine Hamas-Rakete eingeschlagen hatte
Video, IDF, 14.7.2018, 1:00 min., englisch

Den Bewohnern von Sderot und weiterer Dörfer und Kibuzim im Bezirk Eschkol (13'600 Einwohner) nahe der Grenze zum Gazastreifen bleiben bei Ertönen der Sirenen 15 Sekunden, um sich in Sicherheit zu bringen. In der Stadt Netivot (32'500 Einwohner) sind es 30 Sekunden.

30 Raketen, die ebenfalls bewohntes Gebiet getroffen hätten, wurden durch das israelische Abwehrsystem «Iron Dome» abgefangen, wodurch weit schlimmerer Personen- und Sachschaden verhindert werden konnte.

«Alle «Iron Dome»-Batterien und andere Elemente wurden in den letzten Wochen in Stellung gebracht und auf diese Situation vorbereitet, und wir sind bereit für alle möglichen Szenarien», sagte Brigadegeneral Zvika Haimovich, Chef des Luftschutzes (Aerial Defense Array).

Der Krieg der Hamas gegen Israel

«Eine Kombination aus Terror entlang des Grenzzauns, Brandstiftung und Raketen haben uns schliesslich dazu veranlasst, Vergeltungsmassnahmen gegen die Hamas zu ergreifen», sagte Oberstleutnant Jonathan Conricus, Leiter der Abteilung für Internationale und Soziale Medien des IDF-Mediendienstes. «Der Zweck der Luftschläge war, den Terror gegen israelische Zivilisten zu stoppen, den Terror am Zaun zu stoppen und die Brandanschläge zu stoppen.»

Und weiter: «Seit März 2018 hat der Staat Israel den Terror der Hamas in Form von wöchentlichen gewalttätigen Ausschreitungen, Branddrachen, Brandbomben und zuletzt Raketen ertragen. Seit Monaten richtet sich die Hamas wöchentlich gegen israelische Zivilisten. Die Unruhen entlang des Grenzzauns werden immer heftiger. So wurde am Freitag ein IDF-Offizier verletzt, als eine Granate auf ihn geworfen wurde. Er wurde in der Brust verletzt. Die Verletzung dieses Offiziers steht für die zunehmende Gewalt der Unruhen am Grenzzaun und die wahren Absichten der Hamas hinter dem «Grossen Rückkehrmarsch.»

Hamas-Trainingsgebäude zerstört

Am Samstagabend griff die israelische Luftwaffe (IAF) ein fünfstöckiges Gebäude im Schati-Quartier in Gaza-Stadt an. Das Gebäude wurde von der Hamas für Häuserkampf-Trainings benützt. Unter dem Gebäude befand sich ein Tunnel, der dem Training der unterirdischen Kriegsführung diente. Wie die israelische Armee (IDF) mitteilte, hatte sie vor der Zerstörung des Hauses die Anwohner gewarnt und ihnen ermöglicht, sich in Sicherheit zu bringen. Dies sei ein weiterer Beweis der Nachrichtenbeschaffungs- und operativen Fähigkeiten der IDF, die bei Bedarf noch gesteigert würden.

Das Gebäude, das angeblich als «Palästinensische Nationalbibliothek» diente und ursprünglich als öffentliches Gebäude gedacht war, war von der Hamas für ihre terroristischen Zwecke missbraucht worden. «Die Hamas nutzt weiterhin die zivile Infrastruktur für militärische Zwecke und gefährdet damit ihre Bürger», betonte der IDF-Sprecher.

So war unser Tag. Wie war ihrer?

Dies fragte der IDF-Sprecher am folgenden Tag, am Sonntag, 15. Juli, und verbreitete die Grafik auf dem obersten Bild und weitere über Twitter.

Waffenstillstand – für wie lange?

Ein Sprecher der Hamas verkündete noch am Samstagabend einen Waffenstillstand, den die ägyptische Regierung vermittelt habe. Er präzisierte allerdings, dass der Waffenstillstand nur die Raketen und Mörsergranaten betreffe, aber nicht die Drachen und Ballons, deren Brandsätze in Israel Flächenbrände auslösen.

Zwar wurden auch am Samstagabend nochmals vier Raketen abgefeuert, doch die Hamas scheint nun zumindest eine Verschnaufpause nötig zu haben. Es ist jedoch wohl nur eine Frage der Zeit, bis die nächsten Raketen aus dem Gazastreifen abgeschossen werden.

Am folgenden Tag, am Sonntagmorgen, dem ersten Arbeitstag der Woche in Israel, hoben die Behörden die Einschränkungen für die Bewohner des Gebiets in der Nähe des Gazastreifens auf. Das Home Front Command der Armee erlaubte ihnen, zum gewohnten Leben zurückzukehren. Zuvor hatten sie sich nur so weit von Schutzräumen entfernen dürfen, dass sie sie bei Ertönen des Alarms erreichen konnten.

Der Bürgermeister der Stadt Sderot, Alon Davidi, forderte Premier Netanjahu auf, die Bewohner des Südens zu besuchen und sich ein Bild zu machen von ihren Eindrücken des schwierigen Wochenendes. «Unsere Gefühle über den Waffenstillstand sind sehr problematisch, ist es doch die Hamas, die entscheidet, wann das Feuer zu eröffnen ist oder einen Waffenstillstand zu verkünden, und nicht der Staat Israel», sagte Davidi.

Der Ministerpräsident spricht Klartext

Zu Beginn der wöchentlichen Kabinettssitzung am Sonntagvormittag hat Ministerpräsident Benjamin Netanjahu folgende Bemerkungen gemacht: «Über den Schabbat haben wir die Hamas schwer getroffen. Unsere Politik ist klar: Wer uns trifft, den werden wir mit grosser Kraft treffen. Das haben wir gestern gemacht. Die IDF haben der Hamas den härtesten Schlag seit der Operation Protective Edge versetzt. Ich hoffe, dass die Nachricht bei ihnen angekommen ist; wenn nicht, werden sie sie später erhalten.»

Er habe gehört, dass der von der Hamas verkündete Waffenstillstand nicht die mit Brandsätzen bestückten Drachen und mit Helium gefüllten Ballons umfasse, erklärte der Ministerpräsident weiter. «Das ist nicht richtig.» Wer Israel angreife, müsse mit einer «angemessenen» Reaktion der Armee rechnen.

Dringlichkeitssitzung des israelischen Sicherheitskabinetts

Am Sonntag trat auch das israelische Sicherheitskabinett zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wies nach dem Treffen des Sicherheitskabinetts die IDF an, «dem Drachen-Terror ein Ende zu setzen.» Feuerdrachen hatten tagsüber wiederum mindestens sechs Brände verursacht. Die IAF zielte denn auch auf ein paar Zellen, die die Brandsätze nach Israel schickten.

Transportminister Yisrael Katz, Mitglied des Sicherheitskabinetts, sagte im Armee-Radio, dass die Drachen und Ballons zwar keine Raketen sind, Israel aber nicht bereit ist, zuzulassen, dass seinen Bürgern oder deren Eigentum Schaden zugefügt werde. Es sei nun eine klare Politik festgelegt, dass, wenn die Hamas diese Drachen nach Israel schicke, sie «einen Preis zahlen werden, so wie sie einen Preis für das Abfeuern von Raketen zahlen.»

Israel brennt weiterhin

Die Brandstiftungen durch Drachen und Ballons, die Feuer aus dem Gazastreifen nach Israel tragen, gehen weiter. Seit mehr als 100 Tagen lenken Aktivisten aus dem Gazastreifen mit Drachen und Ballonen Brandsätze auf israelisches Territorium.
Die mit moderner Technik ausgestattete israelische Armee findet bisher keine effektive Abwehr; trotz Versuchen, die Flugkörper mit Drohnen abzufangen, gelang es den Palästinensern nach israelischen Angaben bisher, 750 Brände zu entfachen. Dabei wurden über 30 Quadratkilometer Land im Süden Israels in Brand gesteckt, Hektaren davon Farmland. Zum Löschen müssen grosse Mengen an Wasser eingesetzt werden, die anderweitig benötigt werden und zum Teil auch in den Gazastreifen geliefert würden.

Nun hat die israelische Luftwaffe begonnen Zellen anzugreifen, die den Start von Drachen und Ballons mit Brandsätzen vorbereiten.

Ein Grossteil des Landes, das die Hamas verbrannte, war Ackerland an der Schwelle zur Erntezeit. Diese Felder könnten Weizen, Mangos, Avocados und mehr produziert haben. Die Brände zerstörten auch Gewächshäuser, Hühnerställe, landwirtschaftliche Geräte und Wasserreservoirs. Dies hat den Lebensunterhalt der Menschen im Süden Israels in der Nähe des Gazastreifens, von denen viele auf die Landwirtschaft angewiesen sind, erheblich geschädigt. Der Gesamtschaden dieser Brände beläuft sich auf mehr als 2,2 Millionen US-Dollar.

Seit März 2018 organisiert die Hamas wöchentliche Unruhen mit dem Ziel, Israel zu infiltrieren und Terroranschläge zu verüben. Feuer war seit Beginn der Unruhen ein beständiges Element. Am Anfang hat die Hamas Reifen verbrannt, um einen Rauchvorhang zu schaffen, unter dem sie ihre terroristischen Ziele erreichen konnte. Während dieser gewalttätigen Unruhen, bei denen die Hamas die Zivilbevölkerung des Gazastreifens an die Front brachte, benutzten ihre Agenten Sprengstoff, brennende Reifen und andere Waffen, um den Sicherheitszaun zu durchbrechen und Israelis zu töten.

Als die Unruhen fortschritten, startete die Hamas eine neue Kampagne zum Start von Branddrachen und Brandballons. Während Drachen und Ballons unschuldig klingen, sind diese Drachen und Ballons mit flammenden und explosiven Gegenständen nichts anderes als Werkzeuge des Terrors.

Brände in Israels Süden

Video, IDF, 12.7.2018, 0:34 min.

Grenzübergang zum Gazastreifen wird geschlossen

Als Vergeltung gegen die Brandstiftungen hat Israel am Montag, 9. Juli, Kerem Schalom (Bild), den einzigen Grenzübergang zum Gazastreifen, geschlossen, der bisher für Warenverkehr geöffnet war. Humanitäre Lieferungen wie Nahrungsmittel und Güter zur medizinischen Versorgung sollen den Kontrollpunkt Kerem Shalom zwar weiter passieren dürfen, von Unternehmen in Gaza benötigte Rohstoffe oder von ihnen produzierte Waren aber nicht mehr. Mit diesem Schritt will Israel die im Gazastreifen herrschende Terrororganisation Hamas für anhaltende Angriffe bestrafen.

Seit Anfang Juli ist zwar der Grenzübergang Rafah zu Ägypten wieder geöffnet, doch über diesen Übergang kommen nur wenige Lebensmittel. Seit der ägyptische Präsident Abdelfatah al-Sisi sämtliche Tunnel nach Ägypten hat fluten lassen, ist es Israel anheimgestellt, den Gazastreifen zu ernähren. Normalerweise überquerten in den letzten Jahren täglich rund 200 Lastwagen die Grenze bei Kerem Shalom, im Juni 2018 waren es 6819. Laut den neuen Bestimmungen werden es pro Monat nun nur noch etwa 3000 sein.

Der Samstag (Schabbat), 14. Juli 2018, im Südwesten Israels: Über 200 Raketen und Mörser-Granaten auf israelische Zivilisten abgefeuert – 4 israelische Zivilisten verletzt – 173 Sirenenalarme – 30 Raketen durch «Iron Dome» abgefangen (die auf bewohnte Gebiete niedergegangen wären); Grafik: IDF

Von den Terrorangriffen der Hamas betroffene israelische Städte, Gemeinden und Kibbuzim (Karte IDF)

Das israelische Raketenabwehrsystem «Iron Dome» (Bild: IDF)

Luftaufnahmen des Bataillon-Hauptquartiers der Hamas in Beit Lahia vor und nach dem israeli-schen Bombardement (Bild: IDF)

Polizeibeamter vor einem von einer Rakete getroffenen Haus in Sderot (Bild: Israelische Polizei)

Israels Südwesten brennt (Bild: IDF)

Grenzübergang Kerem Schalom (Bild: IDF)