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Hamas-Raketenterror gegen Israels Zivilbevölkerung

Der Konflikt zwischen Israel und der arabischen Terrororganisation Hamas im Gazastreifen ist am Montag (10.5.) wieder mit einer Intensität ausgebrochen wie seit 2014 nicht mehr.

Die Gründe sind mannigfaltigfaltig, es ist einiges zusammengekommen: Es ist das Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan, der jedes Jahr zu Auseinandersetzungen führt, am Montag beging Israel den «Israel-Tag», der an die Einnahme des zuvor von Jordanien besetzten Ostteils der Stadt im Sechstagekrieg erinnert.

Palästinenserpräsident Machmud Abbas sagte die geplanten Parlaments- und Präsidentenwahlen – die ersten seit 15 Jahren – wiederum auf unbestimmte Zeit ab. Der Streit zwischen den beiden palästinensischen Fraktionen der Fatah (Westjordanland) und Hamas (Gazastreifen) ist nach wie vor nicht beigelegt.

Auch in Israel ist die innenpolitische Situation labil. Der geschäftsführende Premierminister Netanjahu musste das Mandat zur Bildung einer neuen Regierung nach den Wahlen vom 20. März am 4. Mai an den Präsidenten zurückgeben. Seine politischen Gegner haben nun den Auftrag erhalten, sind aber zum Erreichen des Ziels auf die Stimmen von arabischen Knessetabgeordneten angewiesen, was in Anbetracht des aktuellen Auseinandersetzungen problematisch werden dürfte.

Auch die Corona-Pandemie dürfte eine Rolle spielen. Während in Israel ein bedeutender Teil der Bevölkerung geimpft ist, gibt es in den palästinensischen Gebieten und vor allem im Gazastreifen zu wenig Impfdosen.

Dienstag/Mittwoch: Horrornacht im Grossraum Tel Aviv

Am Dienstagabend (11.5.), um 20.47 Uhr, wurde erstmals in der aktuellen Krisensituation der Sirenenalarm in Tel Aviv ausgelöst. Unzählige Alarme im Grossraum Tel Aviv, aber auch in Be’er Scheva, Aschkelon, Aschdod und weiteren Städten sollten fast im Minutentakt während der ganzen Nacht folgten. Rund 90 Prozent der Raketen, die auf bewohnte Gebiete zusteuerten, wurden vom Abwehrsystem Iron Dome in der Luft zerstört. Der Rest schlug, mit wenigen Ausnahmen, auf offenem Feld ein. (Bild 1)

Um 5 Uhr 05 heulten die Sirenen letztmals in dieser Nacht in Tel Aviv, während die Raketenangriffe auf Israels Süden, namentlich in den Küstenstädte Aschdod und Aschkelon, den ganzen Mitttwoch weiter gingen.

Tel Aviv: Iron Dome filmed intercepting barrage of rockets over Israel
(Tel Aviv: Iron Dome fängt Raketen über Israel ab)
Video, The Telegraph, Night Tu/We 11:/12.5.2021, 1:03 Min., englisch

«Jerusalem-Tag» im Zeichen von Gewalt und Raketenbeschuss

Erstmals seit der «Operation Protective Edge», dem israelischen Feldzug gegen die Hamas im Gazastreifen im Sommer 2014 schoss die Terrororganisation Hamas am Abend des «Jerusalem-Tags» (Mo. 10.5.) Raketen aus dem Gazastreifen auf Jerusalem ab.

Mindestens sieben Raketen wurden auf die Hauptstadt geschossen, womit die seit Tagen anhaltenden Spannungen in der israelischen Hauptstadt weiter verschärft wurden.

Nach offiziellen Angaben wurden bis 23:30 Uhr insgesamt etwa 150 Raketen aus dem Gazastreifen auf israelisches Gebiet abgefeuert. Dutzende davon wurden durch das Luftabwehrsystem Iron Dome abgefangen. Ein Grossteil der Raketen ging im Gazastreifen selbst nieder und verursachte Verletzungen und Schäden bei der lokalen palästinensischen Bevölkerung. Als Reaktion auf den anhaltenden Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen auf israelisches Gebiet griffen die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) mehrere Terrorziele der Hamas-Terrororganisation im Gazastreifen an, darunter einen Terrortunnel, zwei Raketenabschussrampen und zwei Militärposten.

Die Bewohner Jerusalems– wie die Israelis im übrigen Staatsgebiet, die durch das Ertönen der Luftschutzsirenen gewarnt wurden – gingen in Deckung. Viele Einwohner Jerusalems waren in der Stadt unterwegs, um den Jerusalem-Tag zu feiern, der an die Einnahme des Ostteils Jerusalems durch die IDF während des Sechstagekrieges 1967 und die Wiedervereinigung der Stadt erinnert.

Auch die Knesset, das israelische Parlament, das während des Raketenbeschusses tagte, wurde evakuiert.

24 Hours of Israel Under Fire
Video, IDF, 11. 5. 2021, 1:13 Min.

Zuvor hatte die Hamas ein Ultimatum gestellt, dass Israel seine Truppen bis 18 Uhr Ortszeit vom Tempelberg und aus dem Jerusalemer Stadtteil Scheich Dscharrah abziehen müsse; andernfalls werde sie reagieren

Bei Zusammenstössen auf dem Tempelberg zwischen randalierenden Arabern und israelischen Sicherheitskräften waren im Verlaufe des Tages über 20 Polizeibeamte verletzt worden. Drei von ihnen mussten ins Spital eingeliefert werden.

Randalierer hatten Steine und andere Objekte geworfen und Feuerwerkskörper vom Tempelberg abgeschossen, was zum polizeilichen Einsatz führte.

Gemäss Associatd Press sollen bei den Auseinandersetzungen auch 305 Randalierer verletzt worden sein, von denen 228 zur Behandlung in Krankenhäuser gebracht wurden.

Tag der Gewalt und Raketenalarm
TV ZDF, «Heute-Journal», Mo. 10.5.2021, 5:15 Min.; verfügbar bis 10.05.2022

Israelische Armeeangehörige getötet und verletzt

Am Dienstagmorgen wurde ein Angehöriger der IDF, Staff Sgt Omer Tabib, während seines Einsatzes zum Schutz der Bevölkerung in Gemeinden im Süden durch eine von der Hamas aus dem Gazastreifen abgefeuerte Panzerabwehrrakete getötet. Ein weiterer IDF-Soldat wurde schwer und ein IDF-Offizier mittelschwer verletzt

Staff Sgt Tabib, 21 Jahre alt, diente im 931. Bataillon der Nachal-Infanterie-Brigade. (Bild 2)

Die israelische Luftwaffe im Kampf gegen die Hamas

Die israelische Luftwaffe greift seit Montag ununterbrochen terroristische Ziele im Gazastreifen an. Es wurden u.a. zwei mitten in zivilen Gebieten befindliche Waffenproduktionsstätten zerstört.

Die Terrororganisation Hamas platziert militärische Ziele absichtlich inmitten dicht besiedelter Gebiete. Die IDF ergreifen alle machbaren Vorsichtsmassnahmen, um den Schaden für die Zivilbevölkerung während der operativen Aktivitäten zu minimieren.

In einer gemeinsamen Operation der IDF und des «Allgemeinen Israelischen Sicherheitsdienstes (SIA)», gemeinhin bekannt unter der Bezeichnung Schin Bet, wurden ranghohe Kommandeure des «Generalstabs» der Hamas ausgeschaltet.

Diese komplexe und erstmalige Operation diente dazu, gleichzeitig eine Reihe hochrangiger Kommandeure der Terrororganisation Hamas in der Stadt Gaza und in Chan Yunis zu eliminieren.

Weiter gelang es der Luftwaffe, Raketenwerfer-Batterien auszuschalten, bevor sie zum Abschuss von Raketensalven kamen.

Es wurden Häuser getroffen, die hochrangigen Agenten der Terrororganisation Hamas gehörten und als terroristische Infrastruktur dienten. So wurden die Häuser des Kommandanten der Brigade von Gaza-Stadt, Bassem Issa, des Kommandanten der Brigade von Chan Yunis, Rafah Salameh, und des Leiters des militärischen Nachrichtendienstes, Muhammad Yizuri, angegriffen, die als terroristische Infrastruktur dienten.

Noch in der Nacht war ein weiteres mehrstöckiges Gebäude der Hamas getroffen worden, in dem u.a. der Geheimdienst der Organisation untergebracht war. Vor dem Angriff warnten die IDF die Zivilisten in dem Gebäude und gaben ihnen ausreichend Zeit, den Ort zu evakuieren.

Die IDF publizierten am Dienstag Namen und Fotos von neutralisierten Terror-Kadermitgliedern.

Israelische Zivilisten Opfer der Raketenangriffe

Zwar konnte das israelische Raketenabwehrsystem Iron Dome rund 90 Prozent der feindlichen Raketen abfangen, die sonst in bewohntem Gebiet niedergegangen wären (das System berechnet die Flugbahn und tritt nicht in Aktion, wenn die Geschosse auf offenem Feld einschlagen werden). Dennoch wurde eine ganze Anzahl Häuser getroffen und Bewohner verletzt oder getötet.

Bis Mittwochabend (12.5.) verloren zusätzlich zum bereits getöteten Soldaten fünf Personen durch den Raketenterror ihr Leben. Am Montag eine 32-jährige indische Gastarbeiterin. Sie hinterlässt ihren Ehemann und eine 9-jährige Tochter. Ausserdem eine 52-jährige Einwohnerin von Aschkelon. Ihr Mann befindet sich im Spital

Am Dienstag wurde eine 63-jährige Frau in Rischon LeZion getötet und am Mittwoch ein 52-jähriger Mann und seine 16-jährige Tochter aus Lod.

Ausserdem kam ein 5-jähriger Junge in Sderot ums Leben, als eine Rakete in den Schutzraum einschlug. Seine Mutter liegt schwer verletzt im Spital. Die Bestattung des Jungen wurde durch Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen unterbrochen …

Gewaltsame Ausschreitungen auf dem Tempelberg

Bereits an den Gebeten am letzten Freitag (7.5.) vor dem Ende des Ramadan (Mittwochabend, 12.5.) auf dem Tempelberg in Jerusalem, an dem nahmen Zehntausende Menschen teilnahmen, war es zu Ausschreitungen gekommen.

Nach Tagen der Aufhetzung durch die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) und Terrorgruppen, einschliesslich der Hamas, kam es auf dem Tempelberg zu Unruhen, an denen Tausende teilnahmen, Steine warfen und Brandsätze auf Polizeikräfte vor Ort schossen. Bei den Protesten wurden 17 Polizisten verletzt. Die Polizei reagierte mit Massnahmen zur Aufstandsbekämpfung. (Bild 3)

Die Aufhetzung der PA und terroristischer Organisationen hatte bereits in den Tagen zuvor zu zahlreichen Fällen von Gewalt und Terrorismus geführt, so zu einem versuchten Terroranschlag am Salem-Kontrollpunkt, zu einer Schiesserei an der Tapuah-Kreuzung zu Gewalt am Damaskustor in Jerusalem und zum Lancieren von Ballons mit Brandsätzen aus dem Gazastreifen (Bild 4).

Die Ausschreitungen gingen auch an den folgenden Tagen weiter.

Hundreds injured in clashes at Jerusalem's Al-Aqsa mosque
(Hunderte bei Zusammenstössen bei der Al-Aksa-Moschee verletzt)
Video, DW news, 10. 5. 2021, 9:09 Min., englisch

Der Süden Israels dauernd unter Raketenbeschuss

Wie schon in den Nächten zuvor schossen Terrorgruppen aus dem Gazastreifen auch in der Montagnacht (10./11.5.) mehrere Dutzend Raketen auf den Süden Israels ab. Die Angriffe folgten auf die Salve, die früher am Tag auf die Region Jerusalem zielte.

Magen David Adom erklärte, dass bisher wegen des Raketenbeschusses zehn israelische Zivilisten behandelt werden mussten, die meisten wegen Schocks.

In der Stadt Sderot und der Umgebung in der Nähe des Gazastreifens sowie in Aschkelon gingen wiederholt die Warnsirenen los. Bis 23.30 Uhr zählten die IDF rund 150 Raketen, die an diesem Montag vom Gazastreifen aus israelisches Territorium abgefeuert worden waren. Das Luftabwehrsystem Iron Dome fing mehrere Geschosse ab, die gegen bebaute Gebiete flogen. Die ganze Montagnacht und am Dienstag wurde an zahlreichen Orten Israels wegen herannahenden Raketen Sirenenalarm ausgelöst.

Bis 24 Uhr in der Nacht auf Donnerstag (12./13.5.) zählten die IDF rund 1500 auf Israel abgefeuerte Raketen, von denen der Grossteil, der bewohnte Gebiete getroffen hätte, von der Luftabwehr  abgeschossen wurde. Ungefähr 350 Raketen schlugen noch im Gazastreifen selber ein.

Der Beschuss aus dem Gazastreifen ging auch am Donnerstag weiter. Um 1.12 Uhr heulten auch im Raum Tel Aviv wiederum die Sirenen.

Hamas-Terror im Süden Israels
Video, Israelisches Aussenministerium, 10. 5. 2021, 1:09 Min. deutsch

Die israelische Luftwaffe schlägt zurück

Als Antwort griff die israelische Luftwaffe mehrere Ziele der Hamas im gesamten Gazastreifen ab. «Darunter waren zwei Raketenwerfer, zwei Militärposten und acht Hamas-Terroristen», so die IDF in einer Erklärung.

Ein Ynet-Bericht, der sich auf das Gaza-Gesundheitsministerium beruft, besagte, dass seit Beginn der Eskalation 20 Menschen im Gazastreifen getötet worden seien, darunter neun Kinder. Die IDF untersuchen einen Bericht, wonach einige palästinensische Kinder durch eine Rakete getötet wurden, die beim Abschuss explodierte.
(RK)

 

Bild 1: Die Hamas greift Israel massiv mit Raketensalfen an. Links die Raketen des Israelischen Abwehrsystems «Iron Dome», rechts vom Gazastreifen aufsteigende Hamas-Raketen, Richtung Israel abgefeuert.

Bild 2: Staff Sergeant Omer Tabib von der israelischen Armee wurde am Dienstagmorgen, 11.5.2021, durch eine aus dem Gazastreifen abgeschossene Panzerabwehrrakete getötet (IDF)

Bild 3: Steine auf dem Tempelberg zeugen von gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen arabischen Randalierern und israelischen Sicherheitskräften (11.5.2021, Ministry of Foreign Affairs)

Bild 4: Palästinenser im Gazastreifen setzten mittels mit Brandsätzen bestückten Ballons in der Nähe der israelischen Stadt Sderot ein Kornfeld in Brand (Sha'ar Hanegev Regional Council)