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Parlamentarische Vorstösse zur UNRWA

Während der Herbstsession der Eidgenössischen Räte haben Nationalrätin Corina Eichenberger-Walther, FDP/AG, eine Interpellation und Nationalrat Erich von Siebenthal. SVP/BE eine Motion zum Thema UNRWA eingereicht. Pendent ist ausserdem ein Postulat von Nationalrat Philippe Nantermod, FDP/VS, zum selben Thema.

Das Hilfswerk für die palästinensischen Flüchtlinge

Die UNRWA (United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees; Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten) ist ein «temporäres» Hilfsprogramm der Vereinten Nationen, das seit seiner Gründung 1949 regelmässig von der UNO-Generalversammlung um drei Jahre verlängert wurde (zuletzt im Dezember 2016). Im Gegensatz zu allen andern Flüchtlingen auf der Welt, die vom UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) betreut werden, wurde zur Betreuung der palästinensischen Flüchtlinge infolge des Palästinakrieges (1948/1949) am 19. September 1948 der Sonderfonds UNRPR (United Nations Relief for Palestine Refugees) eingerichtet. Das Ziel des Fonds bestand darin, Hilfsmassnahmen zu koordinieren. Da dies jedoch nicht ausreichte, wurde die UNRWA am 8. Dezember 1949 von der UNO-Generalversammlung ins Leben gerufen. Aus den damals etwa 700'000 palästinensischen Flüchtlingen, die aus Palästina flüchteten oder vertrieben wurden, sind mittlerweile rund 5 Millionen geworden, da auch ihre Nachkommen als Palästina-Flüchtlinge gelten.

Ein Aufsehen erregendes Interview

Bundesrat Ignazio Cassis, Vorsteher des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) gab im Mai 2018 anlässlich eines Besuchs in Jordanien in einem Interview zu bedenken, dass die von der UNRWA Betreuten Familien der dritten Generation seien und fragte sich, ob da noch von Flüchtlingen gesprochen werden könne. Ausserdem sei der Flüchtlingsstatus der Palästinenser mit einem Recht verbunden, nach Hause zurückzukehren. Dadurch hätten sie den Traum, nach «Palästina» zurückzukehren. Es sei unrealistisch, dass dieser Traum sich für alle mittlerweile 5 Millionen palästinensische Flüchtlinge erfülle. Die UNRWA halte diese Hoffnung aufrecht. Für ihn, Bundesrat Cassis, stelle sich die Frage: «Ist die UNRWA Teil der Lösung oder Teil des Problems?»

Und er folgerte daraus: «Sie ist sowohl als auch. Sie funktionierte lange als Lösung, ist aber heute zu einem Teil des Problems geworden. Sie liefert die Munition, den Konflikt weiterzuführen. Denn solange Palästinenser in Flüchtlingslagern leben, wollen sie in ihre Heimat zurück. Indem wir die UNRWA unterstützen, halten wir den Konflikt am Leben. Es ist eine perverse Logik, denn eigentlich wollen alle den Konflikt beenden. Deshalb müsste die UNO-Generalversammlung sich wieder vertieft damit auseinandersetzen.»

Die politische Diskussion kommt in Gang

Die Aussagen in diesem Interview führten dazu, dass die Politik begann, die UNRWA kontrovers zu diskutieren und namentlich die finanzielle Unterstützung der Schweiz für dieses Hilfswerk zu hinterfragen.

Die Diskussionen intensivierten sich, nachdem der US-Präsident Donald Trump beschloss, die namhaften finanziellen Beiträge der Vereinigten Staaten an die UNRWA zu streichen, worauf die UNRWA die verbleibenden Geberländer aufrief, die fehlenden Mittel zu kompensieren.

Eingereichte Vorstösse

Nationalrätin Eichenberger-Walther und die neun Mitunterzeichnenden stellen in der Interpellation verschiedene Fragen zur weiteren finanziellen Unterstützung der UNRWA durch die Schweiz und die im Raum stehenden Vorwürfe des Antisemitismus in diesem Hilfswerk.

Der eingereichte Text der Motion von Nationalrat von Siebenthal (und acht Mitunterzeichnenden) ist auf der Webseite der Parlamentsdienste noch nicht einsehbar.

Mit einem Postulat verlangen Nationalrat Nantermod und fünf Mitunterzeichnende einen Bericht über die UNRWA, namentlich über deren geschichtliche Entwicklung, die Haltung der Schweiz gegenüber dem Hilfswerk, die Entwicklung der Finanzierung, speziell durch die Schweiz, eine Analyse der Kritik an der UNRWA (Antisemitismus usw.), den Status der palästinensischen Flüchtlinge im Vergleich zu anderen Flüchtlingen sowie eine Bilanz und Perspektiven.

Der Bundesrat begrüsst in seiner Stellungnahme vom 15. August 2018 die Möglichkeit, sich zu der langjährigen Zusammenarbeit mit der UNRWA und den Zukunftsperspektiven dieser Zusammenarbeit zu äussern und beantragt dem Parlament Annahme des Postulats (Behandlung im Erstrat, dem Nationalrat, noch ausstehend).

Interpellation 18.3830
Nationalrätin Corina Eichenberger-Walther, FDP/AG und 9 Mitunterzeichnende
Schweizer Beitrag an die UNRWA
Einreichungsdatum: 25.9.2018
 

Motion 18.3924
Nationalrat Erich von Siebenthal, SVP/BE und 8 Mitunterzeichnende
Senkung des jährlichen Finanzbeitrages an die UNRWA
Einreichungsdatum: 27.9.2018


Postulat 18.3557
NR Philippe Nantermod, FDP/VS und 5 Mitunterzeichnende
UNRWA. Rückblick und Ausblick nach 70 Jahren
Einreichungsdatum: 14.6.2018
Stellungnahme des Bundesrates vom 15.8.2018
Antrag des Bundesrates vom 15.8.2018: Annahme des Postulats